Buchtipp für Erwachsene August 2014

Ayana Mathis: Zwölf Leben : Roman

Übers.: Susanne Höbel. - Dt. Erstausg. - München : dtv, 2014. - 367 S. : Ill. ; 22 cm
Aus dem Amerikan. übers.
ISBN 978-3-423-28028-0 fest geb. : EUR 19.90

(© dtv)

Auf der Suche nach einem besseren Leben verließen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Millionen Afroamerikaner ihr Zuhause in den Südstaaten der USA und zogen in den Norden. Die Hoffnung, der Rassendiskriminierung und Unterdrückung zu entkommen und sich in Gleichheit und Wohlstand ein neues Leben aufbauen zu können, trieb sie an. Dieser, als Great Migration bezeichnete Exodus, bildet den Hintergrund für Ayana Mathis Familienepos.

 

Hattie, die junge Hauptperson in diesem Roman, kommt 1925 mit ihrer Mutter und den beiden Schwestern nach Philadelphia. Sie haben ihrer Heimat Georgia den Rücken gekehrt, nachdem ihr Vater dort von Weißen erschossen worden war.

Hattie heiratet und bekommt mit 17 Jahren Zwillinge. Aber auch das Leben im Norden ist entbehrungsreich und wird zum schieren Überlebenskampf, je größer die Familie wird.

Elf Kinder bekommt sie. Das harte Leben hinterlässt Spuren in Hattie. Sie trägt die gewaltige Verantwortung für die große Familie praktisch alleine, denn ihr Mann August ist ihr keine Hilfe. Sie fällt Entscheidungen, auch falsche, begräbt Hoffnungen und muss Schicksalsschläge aushalten. Sie wird hart und die Beziehung zu ihren Kindern ist problematisch. Es bleibt wenig Zeit und Kraft für Trost oder Zärtlichkeiten. Ihre Einsamkeit überträgt sich auf ihre Kinder, von denen einige ihr Leben nicht meistern werden. Aber bei allen Unzulänglichkeiten bewahrt sich Hattie ihren Mut und ihre Entschlossenheit.

Sie, die Mutter, bildet die Verbindung der episodenhaft erzählten Lebensgeschichten der einzelnen Kinder. Jedes Kapitel ist einem der Kinder gewidmet und begleitet es ein kleines aber entscheidendes Stück seines Lebens. Allmählich verweben sich die Schicksale nicht nur zu einer bewegenden Familiengeschichte, sondern bilden auch mehr als ein halbes Jahrhundert in der Geschichte der USA ab. Das Buch vermittelt einen Eindruck davon, wie lang und steinig der Weg zu einem bescheidenen Wohlstand für viele Afroamerikaner war.

 

Ayana Mathis, deren eigene Großmutter die Vorlage für die Hauptperson in ihrem ersten Roman „Zwölf Leben“ liefert, hat in den USA großes Aufsehen erregt und wird schon als Nachfolgerin der ersten schwarzen Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison gesehen.

 

 

Sabine Fürst

(Stadtbibliothek im Torhaus)