„Fremde Nachbarn – Rom und die Germanen“ – Unter diesem Titel präsentiert das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg im Limesmuseum Aalen ab Samstag, 27. September eine Sonderausstellung, die sich mit dem Verhältnis zwischen Römern und Germanen beschäftigt. Beide Kulturen lebten über Jahrhunderte entlang des Limes nebeneinander und trafen auch immer wieder aufeinander – sei es durch Handel, bei kriegerischen Auseinandersetzungen oder auch zwischenmenschlich.
Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg (ALM) und das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart präsentieren ab Herbst 2025 im Limesmuseum Aalen – ein Zweigmuseum des ALM – die Große Sonderausstellung: „Fremde Nachbarn – Rom und die Germanen“. Sie richtet sich an ein breites Publikum und lädt dazu ein, das Verhältnis zwischen Römern und Germanen neu zu entdecken und aktuelle gesellschaftliche Fragen aus einem historischen Blickwinkel zu betrachten.
Nationale und internationale archäologische Funde aus beiden Kulturen lassen die Geschichte lebendig werden und erzählen bis heute vom Zusammenleben, das das antike Europa prägte und viele Fragen für die Gegenwart aufwirft: Wie gehen wir mit dem Fremden um? Wie entstehen Vorurteile? Und was kann die Gesellschaft heute aus der Geschichte lernen, um neue Wege des Miteinanders zu finden? Sie beleuchtet Begegnungen und den Alltag der Menschen diesseits und jenseits des Limes – von Waffen und Weingefäßen über römische Städte und germanische Dörfer bis hin zu Grabbeigaben und Inschriften.
„Die Große Sonderausstellung macht sichtbar, wie intensiv Austausch, Konflikt und gegenseitige Einflussnahme die Kulturen in unserem Land geprägt haben. Das Wissen um das gemeinsame Erbe ist ein wichtiger Schlüssel für das heutige Zusammenleben in Europa. Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg und das Landesamt für Denkmalpflege wollen mit dieser Ausstellung Brücken schlagen – zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wissenschaft und Öffentlichkeit,“ so Prof. Dr. Claus Wolf, Direktor des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und Präsident des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg. Frederik Brütting, Oberbürgermeister der Stadt Aalen ergänzt: „Wir heißen die Große Sonderausstellung mit ihren herausragenden Exponaten in Aalen willkommen. Damit wird die Tradition der erfolgreichen Sonderausstellungen im Limesmuseum fortgeführt“
Die Ausstellung regt mit ihrem wissenschaftlich fundierten, anschaulichen und gegenwartsbezogenen Zugang zum Thema zur Reflexion über das damalige und heutige Verhältnis von Fremdheit und Nachbarschaft an.
Die Beziehung zwischen Römern und Germanen prägte die europäische Geschichte über rund 700 Jahre – von ersten Kontakten im 2. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende des Weströmischen Reichs. Die Ausstellung wirft einen fokussierten Blick auf das Nebeneinander von Kontakt, Handel, Koexistenz und offenen Konflikten vom 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr.: eine Zeit, in der vor allem im Raum Baden-Württemberg vielfältige Begegnungen zwischen den einst „fremden Nachbarn“ stattfanden. Die Ausstellung macht erfahrbar, dass trotz aller Annäherung und Faszination für das jeweils Andere die Grenzen zwischen beiden Kulturen nie vollständig verschwanden.
Ausgewählte archäologische Funde und immersive Raumerlebnisse machen drei zentrale Themenbereiche zugänglich:
Ein Prolog gibt einen Überblick über die 700-jährige Beziehungsgeschichte zwischen Römern und Germanen; ein Epilog setzt sich kritisch mit der bewegten Rezeptionsgeschichte dieses Verhältnisses auseinander, von politischer Vereinnahmung im 19./20. Jahrhundert bis zu aktuellen Fragen von Fremdheit, Integration und europäischer Identität. Die verschiedenen Stationen der Ausstellung laden zur Selbstreflexion über „fremde Nachbarn“ in der heutigen Gesellschaft ein.
Die Ausstellung richtet sich gezielt an ein vielfältiges Publikum und bietet Kindern, Schulklassen sowie Familien einen leicht zugänglichen Einstieg in das Thema. Für die Besucherinnen und Besucher stehen ein Audioguide sowie Filme zum Download auf das eigene Mobilgerät zur Verfügung. Diese audio-visuellen Angebote ermöglichen es, die Inhalte der Ausstellung individuell und zeitgemäß zu erleben und fördern so einen abwechslungsreichen und informativen Museumsbesuch.
Begleitprogramm mit Führungen und Vorträgen unter www.limesmuseum.de
Die Große Sonderausstellung „Fremde Nachbarn – Rom und die Germanen“ ist eine Ausstellung von Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg und dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
GROSSE SONDERAUSSTELLUNG 2025
„Fremde Nachbarn – Rom und die Germanen“
27. September 2025 bis 12. April 2026
Limesmuseum Aalen, ein Zweigmuseum des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg
St.-Johann-Straße 5, 73430 Aalen
Informationen: www.limesmuseum.de, Telefon 07361 528287-0
Di. – So., Feiertage: 10-17 Uhr 6 Euro / ermäßigt 4 Euro
Der Eintritt in die Große Sonderausstellung ist im regulären Museumseintritt inbegriffen.
Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg präsentiert die südwestdeutsche Landesarchäologie und stellt auf anschauliche Weise auch die Methoden und Ergebnisse moderner archäologischer Forschung vor. Der Bogen spannt sich dabei von den Pfahlbauten des 4. Jahrhunderts v. Chr. an den Voralpenseen bis zur Mittelalterarchäologie in den alten Städten des Landes. Dem Museum sind sieben archäologische Zweigmuseen in Aalen, Bad Buchau, Blaubeuren, Oberriexingen, Osterburken, Rottweil und Walheim zugeordnet. Das ebenfalls angegliederte Zentrale Fundarchiv in Rastatt hat die Aufgabe, archäologische Fundstücke aus ganz Baden-Württemberg zu verwalten.
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr OB Brütting,
Sehr geehrter Herr StS, lieber Herr Braun,
liebe Frau Bilas, lieber Herr Tymets,
liebe Frau Willburger,
lieber Herr Kemkes, lieber Herr Thiel,
liebe Frau Datow-Ensling,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
Fremde Nachbarn – Rom und die Germanen, zwei Begriffspaare, die Ambivalenz, Abgrenzung und Spannung ausdrücken, zugleich aber auch für Nähe und kulturellen Austausch stehen.
Denken wir bei Fremden Nachbarn ganz aktuell an gesellschaftliche und politische Themenfelder mit all ihren Chancen und Problemen, so steht das Verhältnis zwischen Rom und den Germanen über Jahrhunderte für vielfältige kulturelle Kontakte, zahlreiche Formen der friedlichen Annäherung aber auch für große Konflikte, die die Geschichte Europas maßgeblich geprägt haben – und bildet damit in Vielem quasi ein Spiegelbild heutiger gesellschaftlicher Entwicklungen.
Es ist dabei eine Herausforderung der besonderen Art, die vielfältigen Beziehungen zwischen Römern und Germanen im Laufe der Jahrhunderte in einer Ausstellung behandeln zu wollen. Das beginnt schon damit, dass weder heute noch in der Antike eine schlüssige Definition existiert, wer der jeweiligen Gruppe überhaupt zuzurechnen ist. War die Benennung als „Germanen“ eine auf Caesar zurückgehende römische Fremdbezeichnung, die wohl von einer kleinen Gruppe auf alle Stämme rechts des Rheins übertragen wurde, so bestand ja auch die Bevölkerung der römischen Provinzen aus kulturell höchst unterschiedlichen Gruppen. Ferner gestalteten sich die Kontakte zwischen diesen beiden ungleichen Nachbarn in den verschiedenen Regionen Europas durchaus vollkommen uneinheitlich. Die Welt war auch damals vielfältig und nicht einfach zweigeteilt. Und schließlich ist das Thema wie kaum ein anderes auch stark national, emotional und damit zuweilen irrational besetzt, so dass eine populäre, angemessen überschaubare Darstellung, die auch Zwischentöne erlaubt, an ihre Grenzen stößt.
Dass sich die Kuratorinnen und Kuratoren dieser Sonderausstellung dennoch der Aufgabe unterzogen haben, liegt vor allem an den 2017 entdeckten Grabfunden aus Kariv in der Westukraine. Diese können nun, nach ihrer ersten Präsentation in der Großen Landesausstellung „The hidden Länd - Wir im ersten Jahrtausend“ 2024-2025 in Stuttgart, ein zweites Mal, ergänzt durch inzwischen weitere restaurierte Einzelteile, der breiten Öffentlichkeit präsentiert werden.
Wir sind den ukrainischen Kolleginnen und Kollegen außerordentlich dankbar, dass diese besonderen Objekte, die in vielerlei Hinsicht die Kulturkontakte zwischen dem Römischen Reich und den Germanen widerspiegeln, hier in Baden-Württemberg in zwei großen Ausstellungen präsentiert werden können – nicht nur als herausragendes Beispiel einer europäischen interkulturellen Zusammenarbeit, sondern auch als wichtiger Beleg für unsere gemeinsame europäische Geschichte (namentlich Herr Tymets, Frau Bilas und Herr Onuschtschuk). Als Dokumentation dieser Zusammenarbeit entstanden auch drei Kurzfilme durch Uwe Krüger aus Rammingen, die auf den Webseiten des Limesmuseums und des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg zu finden sind (und auch in der Ausstellung über einen QR-Code abgerufen werden können).
Geschichte der Ausleihe von Kariv und Rolle von Frau Ebinger
Um diese zentralen Exponate aus Kariv zeigt die Sonderausstellung hier im Limesmuseum Aalen vom 27.09.2025 bis zum 12.04.2026 eine attraktive Zusammenschau weiterer namhafter Funde aus dem In- und Ausland, welche die verschiedenen Aspekte der Nachbarschaft und der Kulturkontakte zwischen Römern und Germanen schlaglichtartig beleuchten.
- Römische Germanendarstellungen – Bild der Germanen aus römischer Perspektive
- Ferne Nachbarn – ein Traum von Rom (german. Fürstengräber: Profen, Marwedel, Kariv)
- Kriege und Konflikte – Zeichen gescheiterter Nachbarschaft (Varusschlacht über Bataveraufstand und die Markommamenkriege bis zur Schlacht am Harzhorn)
- Friedliche Nachbarn – Alltag an Roms Grenze (Sueben am Oberrhein, Grabdenkmäler: Grabstein aus Fiesole zeigt wohl das einzige bekannte Porträt eines „Baden-Württembergers“ aus der Römerzeit = Neckarsuebe)
- Epilog – Rezeption des Germanenbildes (Zitat Tacitus „Germania 4,1): „Ich selbst trete deren Meinung bei, die glauben, dass die Völkerschaften Germaniens ohne je durch eheliche Verbindungen mit anderen Stämmen fremdartige Bestandteile in sich aufgenommen zu haben, ein eigenständiges, reines, nur sich selbstähnliches Volk geworden sind“). Entwicklung eines kollektiven Selbstbildes der Deutschen als direkte Nachfahren der Germanen ab dem 15. Jahrhundert (Wiederauftauchen der Germania in einem Kloster). „Selbstdefinition durch Feindmarkierung“ – ist nie eine gute Idee!
Die große Sonderausstellung „Fremde Nachbarn - Rom und die Germanen“ im Limesmuseum Aalen ist eine Ausstellung des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und des Landesamts für Denkmalpflege, gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg sowie die Ernst von Siemens Kunststiftung, der dafür besonders zu danken ist. Die Finanzierung des Begleitbandes wurde durch das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen als oberster Denkmalschutzbehörde sichergestellt (erscheint in wenigen Wochen). Besonders freut es mich, dass diese Sonderausstellung in diesem Jahr gezeigt werden kann, da wir 2026 ja das zwanzigjährige Jubiläum der Ernennung des ORL zum Weltkulturerbe feiern.
Die Ausstellung wäre in dieser Form nicht möglich gewesen ohne die Kooperation mit 28 nationalen und internationalen Museen und Sammlungen, die uns bereitwillig mit teils hochwertigen Leihgaben unterstützt haben. Den jeweiligen Kolleginnen und Kollegen sei für das uns entgegengebrachte Vertrauen ausdrücklich gedankt!
Weiterhin gilt mein Dank den Gestaltern der Ausstellung vom Büro zwo/elf in Karlsruhe, Markus Graf, Sascha Fronczek, Verena Stella Gompf und Jana Renger, für die professionelle und reibungslose Zusammenarbeit, sowie den beteiligten Firmen, Schneider Möbelwerkstätten GmbH in Aalen, rosspartner Werbetechnik aus Stuttgart, soundgarden audioguidance GmbH in München, Studio SÜD-Design in Ravensburg und der Günther Weinreuter GmbH in Freiberg a. Neckar. Notwendige Transporte übernahmen die Kunstspedition Hasenkamp, Internationale Transporte GmbH sowie die Werner Klumpp Möbelspedition in Rastatt.
Unter der Projektleitung von Dr. Martin Kemkes waren zahlreiche Kolleginnen und Kollegen des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und des Landesamtes für Denkmalpflege an der Realisierung der Ausstellung beteiligt. Genannt seien an dieser Stelle, für die inhaltliche Konzeption der Ausstellung: Dr. Martin Kemkes, Melina Rigakis M.Sc., Giuseppe Santangelo M.A., Johann Schrempp M.A. und Dr. Andreas Thiel; für die Restaurierung und Objektmontagen: Marion Riebschläger, Malte Donath B.A., Fabian Maier B.A, Nicole Ebinger M.A. und Jens Volz aus Leipzig; für die Zusammenstellung der Objekte im Zentralen Fundarchiv in Rastatt: Corina Brutscher M.A., Sascha Brüsselbach, Marlene Glawe, Simon Kampmeier und Mohamed Meguidi; für das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit: Stephanie King vom ALM und Frau Haisch von der Stadt Aalen. Ihnen allen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt.
Abschließend gilt mein Dank aber auch der Stadt Aalen unter ihrem Oberbürgermeister Frederick Brütting, sowie dem Leiter des Kulturamtes Dr. Roland Schurig, der Leiterin des Presseamtes Karin Haisch sowie dem Team des Limesmuseums unter Julia Datow-Ensling.
Möge diese Ausstellung hier im Limesmuseum Aalen vielfältige Einblicke in das komplexe kulturelle Beziehungsgeflecht zwischen Römern und Germanen geben und zugleich dazu anregen, auch unseren heutigen Umgang mit vermeintlich Fremden Nachbarn kritisch zu hinterfragen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen heute einen schönen Abend, interessante Gespräche und der Ausstellung die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, die sie verdient.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit