„Reduziert, radikal, lustvoll.“ Prof. Roger Boltshauser begeistert Aalener Publikum mit schweizer Charme und Leidenschaft für das Experimentieren und Bauen mit Lehm.
Am Freitagabend durfte Erster Bürgermeister Wolfgang Steidle rund 200 Gäste aus Architektur, Politik, Wirtschaft und Verwaltung im Kulturbahnhof (KUBAA) in Aalen begrüßen. „Ich freue mich, dass wir heute Abend einen hochkarätigen Vortrag von Herrn Prof. Roger Boltshauser von der ETH Zürich und Träger des Semperpreises 2024 präsentieren können“, so Steidle.
„Wir stehen aktuell vor der Herausforderung, dass trotz drängender Klimafragen noch kein grundsätzliches Nachdenken über unsere Ansprüche und Gewohnheiten eingesetzt hat“, betonte Roger Boltshauser die Notwendigkeit, umzudenken. Vor allem das Denken in zirkulären Prozessen ist ein wichtiges Thema. Bisher wird beim Bauen jedoch in linearen Strukturen gedacht.
Er hob den KUBAA als herausragendes Beispiel hervor, der ebengenau diese Prozesse widerspiegelt – Bestehendes wurde erhalten und mit wenigen Ressourcen neu interpretiert. An dieser Stelle betonte Boltshauser: „Wir müssen zurückschauen auf unsere Baukultur und sehen, wie man diese neu interpretieren kann – radikale Symbiose.“
Mit anschaulichen Beispielen wie Earth House Rauch in Schlins, Case Study Steel House in Rapperswil, Hotel LEO in St. Gallen und Wooden Highrise in Zwhatt Regensdorf gab der Referent Einblicke in seine Prinzipien, Arbeitsprozesse sowie Forschung und stellte den Baustoff Lehm in den Mittelpunkt. „Der Lehm schafft für mich Verbindung zwischen dem skulpturalen Ausdruck und der Welt der Praxis, des Bauens. Seine Sinnlichkeit ist unmittelbar zu spüren und verbindet die Menschen über die direkte Berührung mit dem ganz ursprünglichen Material Erde“, unterstreicht Roger Boltshauser seine Faszination für diesen Werkstoff. Dennoch steckt das serielle Bauen mit Lehm noch in den Kinderschuhen, obwohl der Rohstoff Erde massenhaft vorhanden ist und bei jeder Baustelle als Aushub anfällt und aufwändig entsorgt wird.
Lehm ist nicht nur ein sehr ursprünglicher Baustoff, für dessen Herstellung weniger CO² verbraucht wird, sondern bietet auch die Chance, qualitätsvoll zu bauen und somit den Lebenszyklus von Gebäuden zu erhöhen. Zugleich bietet Lehm raumklimatische und energetische Vorteile, insbesondere dann, wenn er beispielsweise mit Wasserspeichern kombiniert wird. Durch natürliche Prozesse und Speicherfähigkeiten können technische Einheiten wie Heizungen und Lüftungen eingespart und somit nicht nur bei der Herstellung der Gebäude, sondern auch beim Betrieb CO² eingespart werden.
In der Kombination, in den Knoten, der unterschiedlichen Werkstoffe, Beton, Stahl, Holz und Lehm sieht Prof. Boltshauser die Zukunft des Bauens: „Wir müssen Mut machen, Neues zu probieren und innovative Wege zu gehen.“
Mit einem Dank an den Referenten lud der Vorsitzende der Kammergruppe Ostalbkreis, Bennet Kayser, die Gäste zum Netzwerkbuffet ein.
PNr. 200/2025