Die Stadtverwaltung Aalen möchte das aus der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts stammende Dampfkesselgebäude der ehemaligen Union-Werke erhalten.
Für den Erhalt sprechen aus städtischer Sicht sehr viele Faktoren. Zentral ist, dass zwischen der Kocherbrücke an der Burgstallstraße und dem geplanten Neubau des Landratsamts Natur, Kultur und Industriegeschichte quasi mitten in der Stadt aufeinandertreffen.
Das Dampfkesselgebäude symbolisiert die Industriegeschichte und den damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwung Aalens am Ende des 19. Und Anfang des 20. Jahrhunderts infolge der Erschließung durch die Eisenbahn. Es erinnert daran, wie die Stadt am Kocher am Bahnknotenpunkt sich entwickelt hat. Das einmütig zum Wettbewerbssieger erkorene Büro Hirner & Riehl hat im städtebaulichen Konzept eindeutig Erinnerungsorte als Zeugen der früheren Nutzung des Areals genannt: das Bahnwärterhäuschen an der Burgstallstraße sowie eben jenes, nur 200 Meter entfernte Dampfkesselgebäude der Union-Werke.
Das Landratsamt kam 2018 in seiner Dokumentation zum Union-Gelände zu dem Ergebnis: Reste der Union-Bebauung seien im Siegerentwurf mit dem alten Dampfkesselhaus schlüssig inszeniert worden. Ein Erhalt des Kesselhauses sei denkbar und wünschenswert. „Der Erhalt ist eine Chance für die Stadtentwicklung – ähnliche Beispiele finden sich am Nördlichen Innenstadtrand (Altes Postamt), auf dem Stadtoval (Kulturbahnhof und Lokschuppen) oder die Villen Seifferer am Stadtgarten und Stützel in der Ulmer Straße“, erklärt die Leiterin des Stadtplanungsamts, Ingrid Stoll-Haderer.
Das Gebäude ist wie das Bahnwärterhäuschen sehr gut in die Planung der Gewässerrenaturierung und ohne Aufwand in den Hochwasserschutz entlang des Kocherabschnitts zu integrieren. Das Landesdenkmalamt spricht von der gründerzeitlichen Vorstadt im Süden der Aalener Altstadt. Die Entwicklung Aalens nach der durch den Bau der Eisenbahn 1861 fortfolgende Jahre begünstigten einsetzenden Industrialisierung mit „historisch bedeutsamen Gebäuden“ – dazu gehört das Kesselhaus – kann hier noch erlebt werden. „Einen komplett neuen Stadtraum ohne Zeitzeugen wie das Dampfkesselhaus und das Eisenbahnwärterhäuschen zu gestalten, widerspricht auch den Vorgaben der Städtebauförderung, wie sie für Sanierungsgebiete wie dem Areal ‚Stadtmitte/Wilhelm-Merz-Straße‘ gültig sind“, ergänzt Stoll-Haderer.
Sanierungsmittel sind sowohl für den Grunderwerb wie auch für Maßnahmen am Gebäude zu beantragen. Bis zu 60 % der förderfähigen Ausgaben können als Fördermittel bereitgestellt werden. Eine Kombination aus Alt und Neu ist dabei ausdrücklich erwünscht. Eine lebendige Stadt entsteht nur durch Mischung unterschiedlichster Angebote und Vielfalt: Erlebbarkeit des Gewässers, Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, naturnaher Stadtraum und Erinnerungsorte machten den Reiz von Stadtumbaumaßnahmen aus, erläutert Stoll-Haderer.
Rudi Kaufmann, Leiter des Amts für Umwelt, Grünflächen und umweltfreundliche Mobilität weist auf die Erlebbarkeit dieses industriehistorischen Kleinods hin. „Durch den Kocherrad- und Fußweg sowie die starke Frequentierung des anderen Kocherufers infolge des Neubaus des Landratsamts wird der Raum um das Dampfkesselhaus zugänglich – da wäre es eine logische Konsequenz, das historische Gebäude sinnvoll miteinzubeziehen“, sagt er. Beide Planer entwickeln Nutzungsideen: Vorstellbar seien eine Einbeziehung in touristische Stadtführungen zum Beispiel zum industriekulturellen Erbe, in kulturelle Veranstaltungen und auf jeden Fall die Darstellung dieses speziellen Gebäudetyps, der in dieser Ausprägung einmalig im Aalener Stadtgebiet sein dürfte.
Es bedarf nach Ansicht der städtischen Planungsämter eines Gefühls für den geschichtsträchtigen Standort sowie der Empathie, im Erhalt des Gebäudes, das keiner geplanten Bebauung im Wege steht, eine Chance für die Stadtentwicklung Aalens zu sehen.