35 Jahre Besucherbergwerk Tiefer Stollen - Betriebsleiter Fritz Rosenstock sagt Tschüss

Am Samstag wurde im Betsaal der „Erzgrube“ die diesjährige Saison des Besucherbergwerks „Tiefer Stollen“ eröffnet. Oberbürgermeister Frederick Brütting und Ortsvorsteherin Andrea Hatam konnten zahlreiche Gäste begrüßen, darunter auch die ehemaligen OBs Ulrich Pfeifle und Thilo Rentschler.
Die Bläsergruppe der SHW-Bergkapelle umrahmte die Feierstunde musikalisch und geleitete die Gäste nach dem traditionellen Steigergebet von der Erzgrube zum Stolleneingang. Besonderer Dank galt dem Leiter des Bergwerks Fritz Rosenstock, unter dessen Regie zum Saisonstart wieder alles vorbereitet wurde. „Das Besucherbergwerk ist eines unserer touristischen Aushängeschilder. Den Betrieb hat unser Obersteiger Fritz Rosenstock maßgeblich geprägt. Daher ist eine Nachfolge mit allen Facetten auch schwer zu finden. Aber auf Fritz Rosenstock ist Verlass und er unterstützt uns auch in der Phase des Übergangs.“

Eigentlich wäre dies die letzte Saison für den 63 Jahre alten Obersteiger gewesen. Denn nach 35 Jahren als Betriebsleiter wird er zum 1. Mai in den wohlverdienten Ruhestand treten. Doch gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger schwieriger als gedacht. „Ich werde dem Betrieb noch einige Zeit erhalten bleiben“, versichert Rosenstock, auch als Rentner stehe er dem Bergwerk zur Verfügung, wenn man ihn noch brauche. Seit der Saisoneröffnung 1989 ist er dabei und hat an der Erfolgsstory des Tiefen Stollen mitgeschrieben. 

Mit ihm besteht das Bergwerksteam aus zehn hauptamtlichen Beschäftigten. Bei zwischenzeitlich sechs Öffnungstagen in der Woche mit täglich zwölf Stunden Betriebszeit sei das mit Ehrenamtlichen allein nicht mehr zu schaffen, betont Rosenstock. Sein Ausscheiden habe er aber vorbereitet und die Kollegen entsprechend ausgebildet, damit weiter gemäß den bergmännischen Sicherheitsvorschriften und Gesetzen gearbeitet werden könne.

Seit 1989 stetige Weiterentwicklung

Nach einer Ausbildung zum Bergmann hat Rosenstock Bergbau studiert. Ein Kollege habe ihn auf die Stellenausschreibung der Stadt Aalen hingewiesen. Anfangs hätte er keine Vorstellung gehabt, was ihn da in Aalen erwarte. Zunächst habe er sehr viele Freiwillige vorgefunden und viele ehrenamtliche Unterstützer, so dass am 20. April 1989 auch der Therapiebetrieb gestartet habe. 

Die erste Winterpause habe man genutzt, um eine Erzabbaukammer „aufzufahren“, da der Führungsweg im Besucherbergwerk didaktisch nicht komplett gewesen sei. „Rund 1.700 Tonnen Gestein haben wir bergmännisch gefördert“, erinnert sich Rosenstock. Rund sechs Kilometer Strecke sind unter Tage erhalten, die Stollen reichen bis hinter den Fernsehturm auf dem Braunenberg, oberhalb von Röthardt.  Im darauffolgenden Winter 90/91 habe man für die Ausdehnung des Heilstollenbetriebs den sog. „Felsendom“ mit einer Höhe von sechs Metern freigeräumt. Der Heilstollenbetrieb wurde in den 90er Jahren weiter professionalisiert und im Außenbereich entstanden ein Betriebsgebäude und ein Kiosk.

Kinderführungen und Theateraufführungen

Für Kinder wurden ab dem Jahr 2000 jährlich ein eigenes Theaterstück unter Tage konzipiert, mit bis zu 250 Kindern pro Vorstellung. „Heute bieten wir auch spezielle Führungen für Kindergärten an“, betont Rosenstock. Damit will er auch die Arbeitskultur der Bergleute an Kinder und Jugendliche weitergeben. Das Image des Bergbaus habe vor dem Hintergrund des Klimawandels doch gelitten. 

Die legendäre Halloween-Party im Tiefen Stollen wurde zehn Jahre lang bis 2020 mit sehr großem Erfolg veranstaltet. An allen Produktionen hat Rosenstock selbst – als Berggeist oder Elvis-Double – aktiv mitgewirkt, das sei bei bis zu sieben Vorstellungen hintereinander mit 1.700 Besuchern, recht belastend gewesen. Zumal es weitere Highlights gegeben habe, mit den Bergwerkstagen ab der Jahrtausendwende oder die zahlreichen Firmenveranstaltungen. Zur Saison 2012/2013 habe man mit Leader-Förderung die Didaktik des Besucherbergwerks völlig neu konzipiert. 

Heilstollen-Therapie, Heiraten und Weihnachtsmarkt

Auch Heiraten kann man unter Tage, wie Rosenstock berichtet. Bisher hat er diese Trauungen als Eheschließungsbeamter vorgenommen, die besondere Trau-Location soll es aber auch zukünftig geben, wie er versichert. 

Seit 2012 wird der landesweit einzigartige Weihnachtsmarkt im Bergwerk veranstaltet mit bis zu 10.000 Besuchern an den vier Öffnungstagen. 

Jährlich werben Besucherbergwerk und der Heilstollen auf mehreren Messen für ihre besonderen Angebote. Die Besucherzahlen haben sich inzwischen bei 45.000 im Jahr eingependelt. Diese Zahl konnte auch 2023 nach  der Corona-Pandemie schnell wieder erreicht werden.

Heute stehe die Arbeit im Stollen vor allem im Zeichen der Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten, so Rosenstock. Zukünftig können Führungen und Tickets auch online reserviert und gebucht werden, betont Rosenstock.  Wichtig ist ihm den Teamgeist im Bergwerk hervorzuheben: „Wir im Besucherbergwerk arbeiten, wenn andere frei haben. Das hat sich auch auf unsere Privatleben ausgewirkt und die Verbundenheit zum Tiefen Stollen nochmals anders geprägt. Der Betrieb war nie eine One-Man-Show, sondern immer Teamarbeit.“

Studie über Atemwegserkrankungen im Heilstollen Besucherbergwerk – Teilnehmende gesucht

Der Heilstollen nimmt ab Mai an einer Studie des Deutschen Heilstollenverbandes teil, um die Anerkennung als medizinisches Heilmittel der sogenannten Höhlentherapie (Speläotherapie) weiter voranzutreiben. Sieben weitere Heilstollen u. Höhlen in Deutschland und zwei Einrichtungen im Ausland nehmen an der Studie teil. Die Studie mit bis zu 300 Teilnehmenden wird wissenschaftlich begleitet von Prof. Dr. Natascha Sommer von der Universität Gießen und wurde initiiert von Dr. Joachim Schwarz, Vorsitzender Deutscher Heilstollenverband. 

INFO

www.bergwerk-aalen.de

Patienten mit COPD, Asthma oder Long-Covid, die gerne an dieser Studie teilnehmen wollen, können sich direkt an den Heilstollen Tiefer Stollen wenden:
Telefon 07361/ 970280, E-Mail:  kuraalen@t-online.de

© Stadt Aalen, 19.03.2024